Über ideale Beziehungen oder: Der Therapeut und das Wasser

Bernhard Brömmel      

In der vorliegenden Arbeit wird die Weiterentwicklung unseres Verständnisses der psychotherapeutischen Beziehung seit Leuner beschrieben. Besondere Berücksichtigung findet die häufige idealisierende Abwehr von Störungen der Beziehung. Weder Empathie oder Reverie auf der einen noch Theorie, Behandlungstechnik oder Beachtung des Rahmens einer Behandlung auf der anderen Seite allein können den vielfachen Anforderungen an therapeutische Arbeit gerecht werden. Eine gute Behandlung braucht beides und keine Idealisierung des einen auf Kosten des anderen. Wir müssen danach trachten, zwischen Einfühlung – erlebnisnahe – und Verstehen – vom Erleben wieder distanzierter – hin und her zu wechseln. Je schwerer die Störung der Persönlichkeit, je niedriger der Integrationsgrad ihrer Struktur, desto wichtiger wird die Struktur der Behandlung. Die negativen Affekte sind dort stärker, die Möglichkeiten ihrer Regulation schwächer, der Raum zu Denken kleiner und die Impulsivität größer und bedrohlicher. In Anlehnung an Leuners Tauchermetapher gehen wir tauchen, und zwar gemeinsam, aber wir tauchen auch immer wieder auf. Das Taucher-Boot wird also noch benötigt.