Lyrik und das Psychische

Brigitte Spreitzer      

Die Herstellung der poetischen Strukturen des Gedichts erfolgt durch spezifische ästhetische Verfahren der Abweichung, Überstrukturierung und Aussparung, deren Zusammenspiel die semantische Komplexität und Dichte des lyrischen Textes erzeugt und somit Symbolisierung in Gang setzt. Die gesteigerte Metaphorizität lyrischen Sprechens regt die Erweiterung psychischen Raumes und damit Heilungsprozesse auch auf der Rezeptionsseite an. Semantische Offenheit, Rhythmik und Prosodie rücken das Lyrische in die Nähe des Primärprozesses, sodass es am und im Unbewussten wirken kann. In seiner Eigenschaft als Kürzestgedicht, das eine momentane Situation bildhaft umreißt, wurde das Haiku von Wilfried Dieter als weiterentwickelte Motivvorgabe in der KIP vorgeschlagen. Der Beitrag berichtet im skizzierten theoretischen Rahmen von diesem Versuch.