Geschlechtsspezifische Entwicklung in patriarchalisch-islamischen Gesellschaften und deren Auswirkung auf den Migrationsprozess

Durch die Migrationsbewegung der letzten Jahrzehnte ist Europa für viele Menschen aus traditionellen, muslimisch-patriarchalischen Gesellschaften zur neuen Heimat geworden. Inzwischen stellt sich heraus, dass die Migrationsprozesse in der Regel von erheblichen Identitäts- und Integrationskonflikten begleitet sind, die nach einer bewussten Auseinandersetzung und Bewältigung verlangen. Die Autorin vertritt die These, dass die geschlechtsspezifische Sozialisation in islamisch-patriarchalischen Gesellschaften zu einem kulturell anderen Verständnis der sexuellen Identität und einer anderen Regelung des Verhältnisses zwischen den Geschlechtern führt. Als einen entscheidenden Faktor der Sozialisation in patriarchalischen Kulturen sieht sie die Geschlechtertrennung, die Aufspaltung des Lebensraums in eine öffentliche Männer- und eine private Frauenwelt. Infolgedessen wird die kulturell entwertete Frau zu einem mächtigen, fast alleinigen Objekt der primären Sozialisation des Kindes. Der allmächtige, ehrfürchtige und ehrenwürdige Vater bleibt für das Kind unnahbar, so dass der Ambivalenz- und ödipale Konflikt und die Überichentwicklung einen anderen Ausgang als in den westlich-säkularen Gesellschaften nehmen. Das Zusammenbrechen des kulturellen Regulationsmechanismus der Geschlechtertrennung im Migrationsland hat für Männer und Frauen jeweils unterschiedliche Folgen.