Der Einsatz von Märchen und bildhaft Gesprochenem ist ein essentieller methodischer Bestandteil der tiefenpsychologisch fundierten Kinderpsychotherapie. Sorgsam umhüllt vom Mantel eines symbolischen Narrativs können Welten geschaffen, Ungeheuer besiegt, Helden geboren oder Monster bezwungen werden. Die Begleitung unserer PatientInnen verlangt uns ein Oszillieren zwischen zweierlei Welten ab. Zum einen stehen wir Seite an Seite mit unseren kleinen Helden, um mit ihnen ihre düsteren Schatten zu bezwingen. Zum anderen ist es aber auch unsere Aufgabe, die Regie nicht ganz aus dem Blickfeld zu verlieren und strukturgebende Parameter der zeitlichen, räumlichen und örtlichen Orientierung einzuführen und einzuhalten.
Was aber, wenn uns eine Pandemie als KindertherapeutInnen dazu zwingt, mit unseren kleinen PatientInnen ein noch nie dagewesenes Portal gemeinsam zu passieren? Was, wenn der intersubjektive Raum plötzlich gleichzeitig von einer neuen wechselseitigen Bewusstheit einerseits, und einer kollektiven Unwissenheit andererseits, durchdrungen wird? Welche Konzepte halten dem Anstürmen der neuen Realität stand? Wer oder was sind unsere Gefährten auf dieser Mission, wo lauern Gefahren? Ein Kurzvortrag oder -ausflug nach Coronaland.
Frodo: „Ich wünschte, all das wäre nie passiert.“
Gandalf: „Das tun alle, die solche Zeiten erleben. Aber es liegt nicht in ihrer Macht, das zu entscheiden. Du musst nur entscheiden, was du mit der Zeit anfangen willst, die dir gegeben ist.“
aus: „Herr der Ringe. Die Gefährten.“
MÜHL Claudia Mag.a. Klin. u. Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin (KIP) Lehrtherapeutin mit part. Lehrbefugnis (KIP), Kinder und Jugendpsychotherapeutin, eigene Praxis, Wien