Mehr als zehn Prozent der geschätzten 5000 EuropäerInnen, die nach Syrien oder in den Irak ausgereist sind, um sich terroristischen Vereinigungen, wie dem so genannten Islamischen Staat oder der Al Nusra-Front anzuschließen, sind Frauen – Tendenz steigend.
Aber warum fühlen sich junge Frauen zu den Ideen fanatischer, islamistischer Männer hingezogen? Was treibt junge Frauen dazu, ihre Heimat zu verlassen und sich einer terroristischen Organisation anzuschließen? Mädchen, wie die fünfzehnjährige Samra und die sechzehnjährige Sabina, die im April 2014 aus Österreich Richtung Türkei aufbrachen, um in Syrien für den Islam zu kämpfen, wie eines der beiden Mädchen auf Facebook gepostet haben soll.
Die These, dass Frauen in erster Linie von romantisch-naiven Gefühlen geleitet zu „Dschihad Bräute“ werden wollen, greift zu kurz und ist nach den Erkenntnissen von Forscherinnen wie Erin Marie Saltman, Melanie Smith oder Alexandra Bradford schlichtweg falsch. Die Gründe für Frauen, sich dschihadistischen Bewegungen anzuschließen sind vielfältig und setzen sich aus einer Reihe von Faktoren zusammen, die je nach Fall unterschiedliches Gewicht bekommen. Bei den „Push-Faktoren“ ist es in vielen Fällen ein Gefühl, nicht dazu zu gehören, verbunden mit der Suche nach Identität. Protest und Rebellion gegen das Elternhaus und den westlichen Kapitalismus im Allgemeinen sind weitere Gründe. Für Frauen, die einen muslimischen Background haben ist – so abwegig das auf den ersten Blick klingen mag – Empowerment ein wichtiger Faktor, es geht um das Gefühl eine traditionelle Frauenrolle, die der Westen ablehnt, zurück zu erobern. Eine Bedeutung, hat auch die Überzeugung einer weltweiten Verfolgung von Muslimen und Muslimas. Auf der Seite der „Pull-Faktoren“ sind die Angebote von Zugehörigkeit und Schwesternschaft zu nennen, der Wunsch am Aufbau eines utopischen Kalifats mitzuwirken und schließlich Abenteuer und Romantik.
Die Rolle, die Frauen im so genannten islamischen Staat zugeschrieben wird, ist in erster Linie jene der Hausfrau und Mutter. Frauen nehmen aber zentrale Aufgaben in der Verbreitung von Propaganda und Rekrutierung ein.
Verena FABRIS, Mag.a, Politik- und Kommunikationswissenschaftlerin, Leiterin der Beratungsstelle Extremismus, bOjA-Bundesweites Netzwerk offene Jugendarbeit, langjährige Tätigkeit im Journalismus und Mitarbeit bei der Armutskonferenz, Wien, E-Mail: verena.fabris@boja.at