Die Entstehung des Sexuellen – oder wie die Lust in den Körper kommt

Ilka Quindeau      

›Desideratus ergo sum‹ – Von der Verführung zum Begehren.
Im Anschluss an die allgemeine Verführungstheorie von Jean Laplanche wird die Entstehung der Sexualität konsequent vom Primat des Anderen her entwickelt. Das Sexuelle verbindet die Ebenen des Sozialen, des Psychischen und des Somatischen; es stellt keine biologische Anlage dar, sondern entwickelt sich im Verlauf einer individuellen Lebensgeschichte in der Beziehung zwischen dem Kind und einem/r Erwachsenen. Das sexuelle Begehren ist somit weder ein endogener Prozess, also etwas, das genetisch bereits im Menschen angelegt ist, noch ist der Einzelne Subjekt oder Schöpfer seines Begehrens. Vielmehr verstehe ich jegliches Begehren als Antwort auf das Begehrtwerden. Die Sexualität, das Streben nach Lust und Befriedigung, wird dem Körper des Kindes gleichsam eingeschrieben. Exemplarisch lässt sich am Konzept der erogenen Zonen zeigen, wie der Körper eines Neugeborenen zu einem sexuellen, einem sexuell erregbaren Körper wird. Die sexuelle Erregbarkeit bleibt dabei nicht an perzeptive Stimulierung gebunden, sie kann nicht nur durch sinnliche Wahrnehmung ausgelöst werden, sondern ebenso durch Erinnerung und Phantasie. In jedem sexuellen Erleben bündeln sich daher Befriedigungserfahrungen aus unterschiedlichsten Zeiten der Lebensgeschichte.