Jour fixe Wien

Thema 2024: Werkstatt in Progress

Juni 2024: Dr. Stephan Engelhardt:

Sonder - Jour fixe

Priv.-Doz.in MMag.a Dr.in Johanna Muckenhuber:

Die Gesellschaft und die Couch. Anwendungen des Bourdieuschen Konzepts des Habitus in der tiefenpsychologischen psychotherapeutischen Praxis

Das Bourdieusche Konzept des Habitus, ein Kernstück seiner Theorie, erklärt aus einer soziologischen Perspektive, wie sich die Gesellschaft mit ihren, je nach sozialer Schichtzugehörigkeit und intersektionaler Verortung der Individuen spezifischen sozialstrukturellen Rahmenbedingungen, in denen Menschen aufwachsen und leben, in ihre Körper, ihr Denken und Fühlen einschreibt. Im Vortrag wird Johanna Muckenhuber nach einer einführenden Darstellung der Bourdieuschen Theorie anhand von Fallvignetten diskutieren, wie das Konzept des Habitus in einer Integration mit tiefenpsychologischen Theorien als Hermeneutik für unser Verständnis von Klient*innen mit ihrer sozialstrukturellen und kulturellen Herkunft dienen und unsere psychotherapeutische Praxis aus einer intersubjektiven Perspektive bereichern kann.

Dr. Matthias Fürnkranz:

Psychedelikatherapie - Leuners vergessene Leidenschaft als Therapiemethode der Zukunft?

Während Hanscarl Leuner stets für die Entwicklung der Katathym Imaginativen Psychotherapie im Gedächtnis bleibt, ist seine intensive Forschung und Arbeit mit Psychedelika oft übersehen, vergessen oder vielleicht sogar verleugnet worden.

Matthias Fürnkranz möchte in seinem Vortrag einen Überblick über die Geschichte der Psychedelikatherapie mit besonderem Augenmerk auf Leuners Pionierarbeit auf diesem Gebiet geben, im Weiteren aktuelle Forschung und Entwicklungen in der Psychedelikatherapie vorstellen sowie einen hoffnungsvollen wie kritischen Blick in die Zukunft wagen.

Gertraud Bernsteiner, DSA:

Das Progressive Therapeutische Spiegelbild in der Arbeit mit forensischen Patienten im stationären Bereich

Nach einer kurzen Einführung in die Arbeit auf einer forensisch-therapeutischen Station und in die tiefenpsychologische Methode des Progressiven Therapeutischen Spiegelbildes nach Gaetano Benedetti und Maurizio Peciccia, wird Gertraud Bernsteiner Bilderserien von mehreren Patienten zeigen und auf die jeweiligen Herausforderungen eingehen.

Eva Gallacher, MAS, MBA:

KIP und Hypnose vs. Psychedelika-unterstützte Psychotherapie: Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Behandlungstechnik

An diesem Abend wird von Eva Gallacher die Frage aufgeworfen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den oben genannten psychotherapeutischen Ansätzen zu finden sind. Im Fokus stehen behandlungstechnische Fragestellungen, die verglichen und diskutiert werden. Man kann davon ausgehen, dass Substanz-unterstützte Psychotherapien in Zukunft eine gewichtige Rolle spielen werden und die psychiatrische Fachwelt ist sich einig: Diese neuen Behandlungsmethoden brauchen eine Einbettung in Psychotherapie. Welche Rolle kann und soll hier die ÖGATAP spielen?

Dr.in Esther Hutfless und Mag.a Barbara Zach, MSc.:

Race, Class, Gender … und das Unbewusste

Die Psychoanalyse entstand Ende des 19. Jahrhunderts in einem weißen, mitteleuropäischen, mehrheitlich bürgerlich-patriarchal geprägten gesellschaftlichen Kontext. Ein Kontext, der nicht nur von ökonomischen Ungleichheiten geprägt war, sondern auch durch einen immer bedrohlicher werdenden Antisemitismus gekennzeichnet war. Freud selbst hat sich mit den Konsequenzen des Antisemitismus, den er am eigenen Leib erfahren musste, jedoch auf individualpsychologischer Ebene nicht weiter auseinandergesetzt. Darüber hinaus blieben die bereits in den 1920er Jahren entstandene Sozialpsychologie und die klinische Psychoanalyse weitgehend voneinander getrennt. Durch die Trennung zwischen der sehr politisch orientierten psychoanalytischen Sozialpsychologie und der klinischen Psychoanalyse sind die Wirkungen gesellschaftlicher Machtstrukturen auf psychoanalytische Theorien selbst und im psychoanalytischen Behandlungszimmer bis heute ein weitgehend blinder Fleck geblieben. Unthematisiert blieb auch, wie sich Rassismus, Antisemitismus, Homo- und Transphobie, Sexismus, Klassismus, Ableismus usw. in die Psyche und das Unbewusste derer einschreiben, die diese Formen von Gewalt tagtäglich erfahren.
In diesem Vortrag möchten sich daher Esther Hutfless und Barbara Zachaus einer klinischen Perspektive gesellschaftlichen Machtstrukturen und deren Auswirkungen auf das Unbewusste widmen.

Mag. Dr. Florian Schmidsberger, Bakk., MSc.:

Vulnerabilität - Verletzbarkeit aus erfahrungs- und diskursorientierter Perspektive

Anliegen des Vortragenden, Florian Schmidsberger, ist es, mit jüngeren Impulsen aus verschiedenen Diskursen der Gegenwartsphilosophie darüber nachzudenken, was »Verletzbarkeit« im Kontext der Psychotherapie bedeutet. Die philosophischen Impulse bieten uns auf diese Weise Orientierung für die konkrete Arbeit in der Psychotherapie, als auch eine konzeptuelle Ordnung für Psychotherapieforschung. Diskursive Sozialtheorien finden dabei ebenso Berücksichtigung wie Theorien einer Phänomenologischen Psychopathologie.

Dr. Martin Haltrich:

Die Götter müssen verrückt sein - Aktuelle psychodynamische Konzepte und ihre Repräsentanz in der antiken Mythologie

Die griechischen Geschichten von Ödipus und Narziss stehen als zentrale Mythen am Beginn der Psychoanalyse. Freud sah diese Erzählungen als kollektive Phantasie und nutzte sie zur Wahrnehmung der Bedeutung unbewusster Konflikte oder auch zur Beschreibung von Pathologien. Auch die erste Generation seiner Schüler verwendete Mythen, um klinische Theorien zu spiegeln – ganz im Sinne Thomas Manns, der von der „Brunnentiefe der Zeiten, wo […] die Urnormen, Urformen des Lebens gründen“ und von der „Formel, in die das Leben eingeht, indem es aus dem Unbewussten seine Züge reproduziert“ spricht.

100 Jahre später scheinen die alten Geschichten in Gesellschaft und Diskurs wesentlich weniger präsent. Allerdings ist die mythologische Überlieferung in ihrer Reichhaltigkeit und Symbolisierungskraft immer als Inspiration für eine zeitgemäße Auseinandersetzung mit unserer Psyche und ihren Metamorphosen geeignet.

In dem Vortrag wird Martin Haltrich versuchen, mit der Brille des OPD bzw. vor dem Hintergrund aktueller tiefenpsychologischer Theorien auf die antike Gött:innen- und Held:innenwelt vom Chaos bis zur Orestie zu blicken: Sind im Chaos Beta-Elemente unterwegs? Wo und wann werden die Erinnyen tätig? Wie inszeniert sich der transgenerationale Fluch der Tantaliden und was macht der traumatische Objektverlust mit Orpheus? Wie agiert Ajax seinen Selbstwerteinbruch und hat Aphrodite ein Triangulierungsproblem? Was erfährt Teiresias durch seine Geschlechtsumwandlungen und wie kommt es zur Doppelgeschlechtlichkeit des Hermaphroditos? Und überhaupt: Wer ist der/die erste Psychotherapeut:in? Cheiron oder gar Pythia?

Mag.a Patricia Auer, MA, Elisabeth Hölbling, MSc., Mag. Christoph Sulyok:

Ein diagnostisches Trio

Es freut uns sehr, dass wir Patricia AuerElisabeth Hölbling und Christoph Sulyok für ein diagnostisches Trio gewinnen konnten. Anhand eines konkreten Falles werden die Vortragenden ihre unterschiedlichen Perspektiven einbringen und diskutieren.

Dr. Stephan Engelhardt:

Sonder - Jour fixe

Unsere Saison schließt traditionellerweise Stephan Engelhardt mit einem seiner außergewöhnlichen Sonder - Jour fixe Vorträge ab. Genaueres über Inhalt, Ort und Zeit wird - wie immer - rechtzeitig bekannt gegeben. Lassen Sie sich überraschen!

Zum Format der Vorträge

Wir gehen davon aus und planen, dass die Vorträge wieder in Präsenz stattfinden können, damit Jour fixe neben der Erleben des Vortrags zu einem Fachthema auch wieder Begegnung sein kann und einen Raum für Austausch und eine lebhaftere Diskussion gibt, der online leider so nicht möglich ist.

Sollte ein Vortrag aus besonderen Gründen nicht in Präsenz stattfinden können, wird er online in der Region Wien - Niederösterreich - Burgenland angeboten werden.

Bei dieser Entscheidung spielen neben epidemiologischen Fragestellungen natürlich auch die Wünsche unserer Vortragenden eine zentrale Rolle. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass bei diesen Entscheidungen immer vielseitige Interessensabwägungen stattfinden und wir nie alle zufrieden stellen können.

Welches Format die angebotenen Vorträge auch bekommen:

Ob live in der Mariahilfer Straße oder online werden wir rechtzeitig bekannt geben!

Beginn der Vorträge jeweils um 19.30 Uhr (s.t.)!

Wir laden alle Kandidat*innen, Therapeut*innen, Dozent*innen, Mitglieder und Gäste herzlich zu den Vorträgen ein und freuen uns auf anregende Diskussionen!

Das Wiener Jour fixe-Team:

Clara Bretschneider, Anna Demmelbauer, Eva Koch, Reza Nourbakhch-Sabet, Anne Rudlof, Tatjana Schmidhofer